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Tübinger Biotechunternehmen CureVac darf potenziellen Corona-Impfstoff testen

Foto: AFP

Die deutschen Aufsichtsbehörden haben grünes Licht für eine klinische Studie mit einem weiteren möglichen Impfstoff gegen Corona gegeben. Das in Tübingen ansässige Biotechunternehmen CureVac erhielt die Genehmigung für erste Tests seines Kandidaten an rund 170 gesunden Freiwilligen, wie das bundeseigene Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen am Mittwoch mitteilte. Der Bund hatte zuvor angekündigt, sich mit 300 Millionen Euro an CureVac zu beteiligen.

Es ist das zweite Mal, dass in Deutschland eine klinische Studie eines möglichen Impfstoffs gegen Corona genehmigt wird. Im April gab das PEI grünes Licht für erste Tests mit einem Medikament des Mainzer Biotechnologieunternehmens BioNTech. Weltweit laufen nach Angaben des PEI inzwischen mehr als 130 Projekte zur Entwicklung eines Impfstoffs, bei denen verschiedene Ansätze verfolgt werden.

Der Kandidat von CureVac ist demnach der elfte, der weltweit in eine von Behörden genehmigte klinische Prüfung am Menschen geht. Die jetzt erfolgte Freigabe in Deutschland gilt dabei für einen sogenannten Phase-1-Test, bei dem an einem überschaubaren Kreis gesunder Freiwillige zunächst erste Erkenntnisse zur Sicherheit, Verträglichkeit sowie Dosierung gesammelt werden. Weitere größere klinische Prüfungen sowie das Zulassungsverfahren würden folgen.

CureVac-Vorstandschef Franz-Werner Haas sowie PEI-Präsident Klaus Cichutek betonten am Mittwoch, eine etwaige Markteinführung sei erst 2021 zu erwarten. Die vorläufigen internen Planungen sähen dafür einen Zeitraum “Mitte nächsten Jahres” vor, sagte Haas in einer Videopressekonferenz. Cichutek ergänzte, er halte dies für eine “realistische Einschätzung”. In einem sehr optimistischen Szenario erscheine ein Zulassungsantrag “Anfang nächsten Jahres” denkbar.

Erste Daten aus den nun beginnenden klinischen Tests sollen laut Haas im September oder Oktober vorliegen. Diese sollen demnach an drei Testzentren in Deutschland und einem weiteren im belgischen Gent laufen. Belgische Behörden sind daher beteiligt. CureVac stelle derzeit bereits auf Verdacht den Impfstoffkandidaten her und investiere in zusätzliche Produktionskapazitäten, sagte er.

Der erst an diesem Montag bekanntgegebene Einstieg des Bundes bei dem Biotechunternehmen habe mit der Impfstoffentwicklung nichts zu tun, betonte Haas. Es handle sich dabei um einen strategischen Schritt, der “keinerlei Konsequenzen für das operative Geschäft” habe. Es gebe auch keine “Zweckbindung” an bestimmte Projekte.

Cichutek versicherte, der Bundeseinstieg habe keinen Einfluss auf sein Institut. “Wir treffen unsere Entscheidung auf der Basis wissenschaftlicher Daten.” Das PEI ist für die Genehmigung von Arzeimitteltests zuständig und berät Firmen bei der Entwicklung neuer Medikamente. Die Zulassung erfolge aber auf EU-Ebene, sagte Cichutek. Auch deshalb seien Interessenkonflikte “keine Gefahr”.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte am Montag bekanntgegeben, dass sich der Bund mit 300 Millionen Euro als neuer Gesellschafter an CureVac beteiligen wird. Er begründete dies mit dem Ziel, unabhängiger bei der Impfstoffentwicklung zu werden. Im März hatten Berichte für Aufsehen gesorgt, wonach sich die USA den etwaigen CureVac-Impfstoff exklusiv sichern wollten. 

Die Firma befindet sich mehrheitlich im Besitz des SAP-Gründers und Investors Dietmar Hopp. Der Einstieg des Bundes löste auch Kritik aus, etwa aus den Reihen der Monopolkommission. Deren Vorsitzender Achim Wambach warnte vor Wettbewerbsverzerrungen.

CureVac nutzt ebenso wie BioNTech die sogenannte RNA-Technologie zur Impfstoffentwicklung. Der genetische Bauplan für modifizierte Virus-Bestandteile wird dabei in den Körper injiziert. Zellen nehmen diese Erbinformation auf und produzieren daraus harmlose Erregerteile, worauf das Immunsystem reagiert. Es speichert die Immunantwort ab, die später gegen eine echte Infektion schützt.

PEI-Präsident Cichutek erklärte am Mittwoch erneut, er rechne letztlich nicht mit der Entwicklung sowie Markteinführung eines einzigen Impfstoffs gegen Corona, sondern mit mehreren parallelen Präparaten. Dies werde auch nötig sein, um den Bedarf zu decken.

bro/cfm

© Agence France-Presse

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