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In Eigentümergemeinschaften soll es künftig "weniger Zoff und mehr Klimaschutz" geben

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Seit fast 70 Jahren regelt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Verhältnisse für Millionen von Wohnungseigentümern, die mit anderen Eigentümern gemeinsam in einer Immobilie leben – jetzt soll eine Reform das WEG an die neue Zeit anpassen und etwa den Einbau von Ladesäulen für Elektroautos oder energetische Sanierungen ermöglichen. Der Bundestag befasst sich am Donnerstag abschließend mit der Reform. 

Diese werde “für weniger Zoff und mehr Klimaschutz in Wohnungseigentümergemeinschaften sorgen”, erklärte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner. “Wir vereinfachen Beschlüsse zu Investitionen, ohne dabei finanzschwache Eigentümer zu überfordern”, fügte er hinzu. “Weil die Eigentumswohnung oft die günstigste Möglichkeit für den Immobilienerwerb ist, wollen wir Wohneigentum auf Dauer attraktiv erhalten.”

Für Wohnungseigentümer sollen durch die Neuregelung, auf die sich die Koalitionsfraktionen Anfang vergangener Woche verständigt hatte, vor allem energetische und barrierefreie Sanierungen erleichtert werden. In seiner bisherigen Form gilt das WEG bereits seit 1951. Damals sollte es den Wohnungsbau stärken und so breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb einer Eigentumswohnung ermöglichen. Umweltpolitische Herausforderungen, die Digitalisierung oder der demographische Wandel spielten damals allerdings noch keine Rolle. 

Der rechtspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, erklärte, seit den 50er Jahren habe das Gesetz “vielen Bürgern den Weg zum Wohnen in den eigenen vier Wänden” geebnet. Nun würden “bürokratische Hürden in den Entscheidungsprozessen” abgebaut, “um den vielerorts bestehenden Sanierungsstau abzubauen”.

Ein Schwerpunkt der Reform soll laut Gesetzesentwurf sein, die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentum “effizienter” zu machen. So sollen etwa die Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft erleichtert und Streitbeilegungsmechanismen verbessert werden. An den Versammlungen sollen Eigentümer künftig auch online teilnehmen können. 

Ullrich hob hervor, dass zudem erstmals ein Anspruch auf einen “zertifizierten Verwalter” geschaffen werde, “damit sich jeder Eigentümer sicher sein kann, dass seine Wohnung in guten Händen ist.”

Der Rolle der Verwalter, die von den Eigentümern bestellt werden können, kommt eine zentrale Bedeutung zu. Nach dem bereits im März erfolgten Kabinettsbeschluss zur WEG-Reform hatte sie allerdings für teils heftige Kritik gesorgt. 

Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE), der eine Stärkung der Verwalter zulasten der Eigentümer befürchtet hatte, begrüßte nun, dass es Union und SPD über die Sommerpause hinweg gelungen sei, den Gesetzentwurf noch entscheidend zu verändern. “So bleiben die Machtverhältnisse im Wohnungseigentum ausgewogen”, erklärte WiE-Vorstand Gabriele Heinrich. 

Zwar müssten sich Eigentümer mit dem Wermutstropfen abfinden, dass Verwalter künftig “alle möglichen Verträge – bis auf Grundstücks- und Kreditgeschäfte – mit Wirkung für die Wohnungseigentümergemeinschaft abschließen” könnten. Deutlich eingeschränkt worden gegenüber der ursprünglichen Fassung sei jedoch “der Spielraum für Verwalter, Entscheidungen ohne Eigentümerbeschluss zu treffen”.

Der Eigentümerverband Haus & Grund begrüßte, Union und SPD hätten es geschafft, “ein ausgewogenes Gesetz sowohl für Eigentümer als auch für Verwalter zu erarbeiten”. Künftig bleibe “auch in entscheidungsschwachen Gemeinschaften” der Verwalter handlungsfähig. Zugleich stehe außer Frage, “dass Verwalter jederzeit abberufen werden können”, betonte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke. 

Laut WiE betreffen die Änderungen die Eigentümer von rund zehn Millionen Wohnungen in Deutschland.

SPD-Politiker Fechner warf indes den schwarz-grün regierten Bundesländern vor, die Verabschiedung im Bundesrat zu verzögern. “Hierdurch verschiebt sich das Inkrafttreten auf Dezember”, erklärte er am Donnerstag. Die wegen der Corona-Krise bis Ende des Jahres abgesenkte Mehrwertsteuersenkung könne somit nur noch im Dezember genutzt werden.

© Agence France-Presse

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