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G7-Finanzminister ebnen Weg für globale Mindeststeuer für Unternehmen

Copyright AFP/Archiv Tobias Schwarz

Gerungen wird um ihn seit Jahren – nun ist ein globaler Mindeststeuersatz für international operierende Großkonzerne deutlich näher gerückt: Die Finanzminister der G7-Staaten verpflichteten sich am Wochenende auf das Ziel einer globalen Unternehmenssteuer für Google, Facebook und Co. von mindestens 15 Prozent. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen sprachen von einer “historischen” Einigung, Kritik kam von Hilfsorganisationen.      

Laut der in London am Samstag erzielten Einigung der G7-Finanzminister sollen multinationale Großkonzerne künftig mindestens 15 Prozent Steuern zahlen müssen – und zwar in jedem Land, in dem sie tätig sind. Dies betrifft sowohl die weltweit agierenden Internetriesen als auch Großkonzerne anderer Branchen wie zum Beispiel Pharmaunternehmen. Einer gemeinsamen Erklärung zufolge hoffen die G7-Finanzminister nun, beim Treffen mit den G20-Kollegen im Juli eine entsprechende Vereinbarung auch im erweiterten Kreis der Industrie- und Schwellenländer zu erzielen.

“Ich freue mich sehr, dass uns dieser Durchbruch in London gelungen ist”, erklärte Scholz. Dies sei eine gute Nachricht für die Steuergerechtigkeit und “eine schlechte Nachricht für Steueroasen in aller Welt”. Konzerne würden ihre Gewinne künftig nicht mehr in Niedrigsteuer-Länder verschieben können. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sprach in den Zeitungen der Funke-Gruppe von einem “Riesenschritt nach vorne”.

Auch US-Finanzministerin Janet Yellen, in deren Land besonders viele der betroffenen Unternehmen sitzen, sprach von einem “beispiellosen” Schritt. Er werde den “Unterbietungswettbewerb bei der Unternehmensbesteuerung beenden”. Der Kompromiss der sieben Länder werde das globale Steuersystem “fit für das digitale Zeitalter” machen, sagte Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak.

Selbst der US-Internetkonzern Facebook stellte sich in einer Erklärung hinter die erzielte Einigung – “auch wenn das bedeuten könnte, dass wir mehr und an verschiedenen Orten Steuern zahlen”.

Kritik kam dagegen von Hilfsorganisationen. Ein Steuersatz von 15 Prozent wäre “bei weitem zu niedrig”, erklärte beispielsweise die britische Organisation Oxfam. Internationale Großkonzerne müssten “endlich ihren fairen Anteil Steuern zahlen”.

Über eine Mindestbesteuerung von Unternehmen wird seit Jahren auf internationaler Ebene gerungen. Hintergrund sind Steuervermeidungsstrategien großer Konzerne, die vielfach Gewinne rechnerisch in Länder mit niedrigen Steuersätzen verschieben. Besonders im Fokus stehen große Technologieunternehmen. 

Nachdem die Diskussion über Jahre dahinwaberte, nahm sie durch den Amtsantritt der neuen Regierung in den USA in den vergangenen Wochen wieder an Fahrt auf. Präsident Joe Biden plädierte für den nun vereinbarten Mindestsatz von 15 Prozent, seine Finanzministerin Yellen hatte sogar 21 Prozent als Mindestsatz ins Spiel gebracht.

Die nun vereinbarten 15 Prozent sind unter anderem auf Druck aus Frankreich ausdrücklich als Mindestwert deklariert worden. Finanzminister Bruno Le Maire kündigte an, Frankreich werde in den kommenden Monaten “dafür kämpfen, dass dieser Mindeststeuersatz so hoch wie möglich wird.” 

Die Abschlusserklärung des Treffens in London nennt auch die Verpflichtung zu einer besseren Verteilung der Rechte zur Besteuerung der Gewinne großer multinationaler Unternehmen. Diese zweite Säule der von der OECD vorgeschlagenen Reform zielt vor allem auf die mehrheitlich aus den USA stammenden Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Amazon ab.

In ihrer Abschlusserklärung sagen die G7-Minister auch zu, Unternehmen künftig zu einer Offenlegung der Auswirkungen ihrer Investitionen auf das Klima zu verpflichten. Sie versprachen darüber hinaus weitere Unterstützung für “die ärmsten und gefährdetsten Staaten” bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie.

Neben Deutschland gehören zu den G7-Staaten Frankreich, Italien, die USA, Großbritannien, Kanada und Japan. Diese Länder waren bei Formats-Gründung die wichtigsten Industriestaaten – obwohl sie das inzwischen nicht mehr sind, spielen ihre Beschlüsse weiterhin eine große Rolle. Das Treffen der Finanzminister fand im Vorfeld des G7-Gipfels statt. Zu diesem werden ab Freitag die Staats- und Regierungschefs im englischen Cornwall erwartet, darunter auch US-Präsident Biden und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Quelle: AFP

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