Ulm TV Nachrichtenportal

Entsetzen nach Angriff auf bekannten niederländischen Kriminalreporter

Copyright AFP/Archiv Ina FASSBENDER

Der Angriff auf den bekannten niederländischen Kriminalreporter Peter R. de Vries hat über die Niederlande hinaus Entsetzen ausgelöst. Der 64-Jährige wurde nach Polizeiangaben am Dienstagabend auf offener Straße in Amsterdam niedergeschossen und mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. “Er kämpft um sein Leben”, sagte die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema. EU-Politiker, Journalistenverbände und die Bundesregierung verurteilten die Tat auf das Schärfste. 

Der Angriff ereignete sich gegen 19.30 Uhr, als de Vries ein Fernsehstudio in der Amsterdamer Innenstadt verließ, wo er zuvor in einer Talk-Show aufgetreten war. Der Journalist war Medienberichten zufolge zuletzt als Vertrauensperson in einem Prozess gegen einen mutmaßlichen Drogenboss tätig gewesen.

Augenzeugen sagten dem Fernsehsender NOS, sie hätten fünf Schüsse gehört und de Vries sei am Kopf getroffen worden. Amsterdams Polizeichef Frank Paauw zufolge wurden nach dem Angriff drei Menschen festgenommen, darunter wahrscheinlich der Schütze. Genauere Angaben zu den Festgenommenen oder einem möglichen Tatmotiv machte Paauw nicht.

Der niederländische Regierungschef Mark Rutte zeigte sich auf einer Pressekonferenz in Den Haag schockiert: “Das ist ein Angriff auf einen mutigen Journalisten und damit ein Angriff auf die Pressefreiheit.” Rutte und Justizminister Ferdinand Grapperhaus trafen sich noch am Abend mit der Anti-Terrorismusbehörde. Auch König Willem-Alexander und seine Frau Máxima reagierten zutiefst schockiert im Onlinenetzwerk Facebook.

Der Journalist und TV-Moderator de Vries ist wegen seiner Rolle in hochkarätigen Kriminalfällen sowie als Sprecher von Kriminalitätsopfern bekannt. Zuletzt war er laut dem Sender NOS als Vertrauensperson des Kronzeugen Nabil B. in einem Prozess gegen Ridouan Taghi tätig. Taghi gilt als meistgesuchter Krimineller der Niederlande, Staatsanwälte beschrieben seine Organisation als “gut geölte Tötungsmaschine”. 

Der im März eröffnete Prozess wird von strengen Sicherheitsvorkehrungen begleitet, seit 2019 der Anwalt des Kronzeugen, Derk Wiersum, auf offener Straße erschossen wurde. De Vries hatte 2019 auf Twitter erklärt, er sei von Polizei und Justiz informiert worden, dass er auf Taghis Abschussliste stehe.

Der Reporter gilt in den Niederlanden als furchtloser Kämpfer für Gerechtigkeit. Bürgermeisterin Halsema würdigte ihn gar als “Nationalhelden”. In der Vergangenheit stand der renommierte Journalist wegen seiner Recherchen in brisanten Fällen bereits unter Polizeischutz.  

Er arbeitete zunächst für die Boulevardzeitung “De Telegraaf”, bevor er zum Fernsehen wechselte. Bekannt wurde er mit seiner Berichterstattung über die Entführung des Bierbrauers Freddy Heineken 1983. Mehrfach sagte er auch vor Gericht aus, unter anderem in einem Mordprozess gegen den früheren Heineken-Entführer Willem Holleeder.

Am Tatort legten erschütterte Amsterdamer am Mittwoch Blumen nieder und zündeten Kerzen für den Journalisten an. “Ich denke, die gesamten Niederlande sind mit ihm aufgewachsen, er ist eine Art Nationalfigur, jemand, der sich traut, sich dem Rest entgegenzustellen”, sagte der 29-jährige Daniel van Duijn.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte auf Twitter, Journalisten, die potenziellen Machtmissbrauch untersuchen, seien “keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung für unsere Demokratien und unsere Gesellschaften”. Auch die Bundesregierung verurteilte den “hinterhältigen Angriff” auf das Schärfste.

Journalistenverbände reagierten ebenfalls erschüttert. Die internationale und die europäische Föderation der Journalisten sprach von “einem neuen tragischen Schlag gegen die Pressefreiheit in Europa”.

In den vergangenen Jahren kam es auch in anderen EU-Ländern zu tödlichen Angriffen auf Journalisten. In Athen wurde im April der Kriminaljournalist Giorgos Karaivaz erschossen. 2017 sorgte der Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia in Malta weltweit für Empörung. 2018 wurde in der Slowakei zudem der Journalist Jan Kuciak erschossen.

Quelle: AFP

Aktuelle Beiträge

Exklusiv Interviews

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Ihre E-Mail-Adresse wird nur für Werbe-E-Mails und kritische Nachrichtenankündigungen verwendet.