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Demokraten machen Gesundheitspolitik zu zentralem Thema gegen Richterin Barrett

Copyright GETTY IMAGES NORTH AMERICA/AFP Jessica McGowan

Ein “juristischer Torpedo” gegen Obamacare: Zum Auftakt der Senatsanhörungen der designierten US-Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett haben die oppositionellen Demokraten die konservative Juristin als Gefahr für das Gesundheitssystem dargestellt. Demokratische Senatoren warnten am Montag im Justizausschuss, bei einer Bestätigung Barretts drohten Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung zu verlieren. Sie kritisierten zudem erneut Präsident Donald Trump dafür, die Personalie so kurz vor der Präsidentschaftswahl am 3. November durchdrücken zu wollen.

Die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris, die als Senatorin im Justizausschuss sitzt, warf Trump vor, die als Obamacare bekannte Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama rückgängig machen zu wollen. Der Oberste Gerichtshof solle dabei die “Drecksarbeit” erledigen. “Diese Anhörung ist ein klarer Versuch, eine Supreme-Court-Nominierte durchzudrücken, die Millionen Menschen ihre Gesundheitsversorgung wegnehmen wird, während eine tödliche Pandemie (die Corona-Krise) schon mehr als 214.000 Amerikaner getötet hat.”

Harris und ihre demokratischen Senatskollegen zeigten Fotos von Patienten, die von einem Verlust ihrer Krankenversicherung betroffen sein könnten. Senator Sheldon Whitehouse bezeichnete Barrett als “juristischen Torpedo” gegen Obamacare. Die 48-jährige Juristin habe in der Vergangenheit erklärt, dass die Reform rückgängig gemacht werden müsse. Senator Patrick Leahy warnte, ein Ende von Obamacare wäre eine “Katastrophe” für Millionen Krankenversicherte.

Der Oberste Gerichtshof wird sich nur eine Woche nach der Präsidentschaftswahl, am 10. November, mit Obamacare befassen. Trump will die Reform rückgängig machen lassen, die mehr als 20 Millionen Menschen Zugang zu einer Krankenversicherung verschaffte.

Die Chancen dafür wachsen, wenn Barrett wie erwartet auf Lebenszeit als neue Verfassungsrichterin bestätigt wird. Dann würde die konservative Mehrheit am Supreme Court von zuletzt fünf zu vier Richtern auf sechs zu drei Richter ausgeweitet.

Trump hatte Barrett Ende September als Nachfolgerin für die verstorbene liberale Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg nominiert. Das ist ein klares Signal an wichtige Wählergruppen des Präsidenten, insbesondere die religiöse Rechte. Trumps Republikaner, die im Senat eine Mehrheit von 53 der 100 Senatoren haben, wollen Barrett noch vor der Präsidentschafts- und Kongresswahl in rund drei Wochen bestätigen.

Die Demokraten haben das scharf verurteilt und die Republikaner aufgefordert, den Ausgang der Wahl abzuwarten. “Wir müssen mit der Bestätigung eines neuen Verfassungsrichters warten, bis die Wähler entschieden haben, wen sie im Weißen Haus haben wollen”, sagte Harris. Die Demokraten haben keinerlei Handhabe, eine Bestätigung Barretts aufzuhalten. Die Oppositionspartei versucht deswegen, die Personalie mit dem vielen Wählern wichtigen Thema Gesundheitspolitik wahltaktisch zu nutzen.

Barrett ist nicht nur wegen ihrer Haltung zu Obamas Gesundheitsreform umstritten. Die strenggläubige Katholikin und Mutter von sieben Kindern ist eine strikte Abtreibungsgegnerin, lehnt die Homo-Ehe ab und setzt sich für das Recht auf Waffenbesitz ein. 

Barrett selbst sagte in ihrer Eingangserklärung vor dem Senat, sie sehe den Supreme-Court-Posten als juristisches und nicht politisches Amt an. “Gerichte sind nicht dazu da, jedes Problem zu lösen oder jedes Unrecht wiedergutzumachen”, sagte die 48-Jährige. “Die politischen Entscheidungen und Werteurteile von Regierungen müssen von den politischen Instanzen getroffen werden, die vom Volk gewählt werden und ihm gegenüber verantwortlich sind. Die Öffentlichkeit sollte das nicht von Gerichten erwarten, und Gerichte sollten es nicht versuchen.”

In den kommenden Tagen werden die Senatoren im Justizausschuss Barrett befragen. Die Bestätigung muss dann im Senatsplenum erfolgen. Vor dem Kongressgebäude versammelten sich am Montag Barrett-Unterstützer und Gegner. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen.

© Agence France-Presse

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