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Bundesregierung wirbt kurz vor Start für offizielle Corona-App

Foto: AFP

Unmittelbar vor dem Start der deutschen Corona-App hat die Regierung erneut die vollkommene Freiwilligkeit der Nutzung betont. Es werde “keinerlei Nachteile bei Nichtnutzung der App” geben, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Laut Regierung können sich Interessierte die seit längerem angekündigte neue Anwendung spätestens von Dienstagvormittag an herunterladen.

Es sei die “vollkommen freiwillige Entscheidung jedes Bürgers”, die App herunterzuladen und zu aktivieren, betonte Seibert vor Journalisten. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) versuchte erneut, datenschutzrechtliche Bedenken zu zerstreuen. Für die Corona-Anwendung “gelten die allgemeinen Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung ohne Wenn und Aber”, sagte Lambrecht, die auch für das Thema Verbraucherschutz zuständig ist, der “Neuen Osnabrücker Zeitung”.

Forderungen der FDP, Grünen und Linkspartei nach einem eigenen Gesetz zur Regelung des Einsatzes der App wies Lambrecht zurück. Die Bundesregierung habe sich für “völlige Transparenz” bei der Anwendung entschieden und alle Codes offengelegt, betonte sie. Sie hoffe, dass die App nun “von möglichst vielen genutzt wird”.

Die Anwendung soll auf Smartphones installiert werden und Nutzer warnen, wenn sie bedenklichen Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatten. Die Warnung kann der Nutzer dann seinerseits für Menschen freigeben, mit denen er Kontakt hatte. Die App greift dabei auf die gängige Bluetooth-Funktechnik zurück und wurde im Auftrag der Bundesregierung entwickelt. Diese sichert eine anonymisierte Datenverarbeitung samt dezentraler Informationsspeicherung zu. 

Am Dienstagvormittag soll die freiwillige Anwendung nach längeren Verzögerungen in der Entwicklungsphase bei einer Pressekonferenz der Bundesregierung offiziell vorgestellt werden. Nach Angaben Seiberts soll die App spätestens zu diesem Zeitpunkt für Nutzer verfügbar sein. In anderen Länder sind vergleichbare Anwendungen schon im Einsatz.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnte vor einem informellen Zwang zur Anwendung. Arbeitgeber, Restaurants oder Behörden dürften die Nutzung nicht “als Zutrittsvoraussetzung definieren und damit die Freiwilligkeit schleichend zum Zwang machen”, erklärte Verbandschef Klaus Müller in Berlin.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte die Regierung dazu auf, arbeitsrechtliche Fragen rund um den Einsatz der App gesetzlich zu regeln. Es müsse sichergestellt sein, dass kein Arbeitgeber eine Nutzung anordnen oder aber verbieten dürfe, mahnte Vorstandsmitglied Anja Piel. Ähnlich äußerte sich erneut Grünen-Chef Robert Habeck.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Stiftung Patientenschutz warnten zugleich vor zu hohen Erwartungen. Die App sei kein “Wundermittel”, erklärte Müller. Der Präsident der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, betonte, diese könne nur ein zusätzlicher Baustein zum Eigenschutz sein- “nicht mehr, aber auch nicht weniger.” Sie komme darüber hinaus “spät”.

Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen, ein Beratergremium der Regierung, rief zur Nutzung der App auf. Nur so könne geklärt werden, welches Potenzial diese bei der Pandemiebekämpfung habe, erklärte dessen Mitglied Gert Wagner. Zugleich warnte er vor “unerwünschten Nebenwirkungen” der Einführung. Nutzer, die keine Warnungen erhielten, könnten sich unvorsichtiger verhalten als bisher.

Kritik an einer fehlenden Vernetzung der deutschen App mit den vergleichbaren Anwendungen in anderen europäischen Ländern kam von der FDP-Opposition im Bundestag. Gerade angesichts des wieder zunehmenden grenzüberschreitendem Reiseverkehrs wäre eine solche Interoperabilität “extrem wichtig”, erklärte Vizefraktionschef Frank Sitta in Berlin.

bro/cfm

© Agence France-Presse

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