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Ärmere Haushalte geben anteilig deutlich mehr fürs Heizen aus

Ärmere Haushalte geben anteilig deutlich mehr Geld für Heizung, Strom und Warmwasser aus: Im Jahr 2020 waren es 9,5 Prozent ihrer Konsumausgaben, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Bei Haushalten der höchsten Einkommensklasse beträgt dieser Anteil nur 4,7 Prozent. Da die Preise für Gas und Öl zuletzt kräftig gestiegen sind, sollen Wohngeldbezieher dieses Jahr einen einmaligen Heizkostenzuschuss von 135 Euro erhalten. 

“Die stark gestiegenen Energiekosten treffen Bürgerinnen und Bürger mit kleineren Einkommen besonders stark”, heißt es in der Formulierungshilfe der Koalitionsfraktionen für ein “Heizkostenzuschussgesetz” der Regierung. Laut Statistik gaben Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1300 Euro im Jahr 2020 im Schnitt 95 Euro für Wohnenergie aus, also für Heizung, Strom und Warmwasser. 

Haushalte der höchsten Einkommensklasse mit monatlich mindestens 5000 Euro netto zur Verfügung gaben im Schnitt zwar 206 Euro für Wohnenergie monatlich aus – der Anteil war mit 4,7 Prozent aber nicht einmal halb so hoch wie bei ärmeren Haushalten. “Während der Betrag mit steigendem Einkommen kontinuierlich wächst, nimmt der Anteil an den Ausgaben insgesamt ebenso stetig ab”, erläuterte das Statistikamt. Das hänge auch damit zusammen, dass Haushalte mit einem höheren Einkommen im Schnitt aus mehr Menschen bestehen und sich so Einspareffekte bei den Energieausgaben zeigen.

Über alle Einkommensklassen hinweg gaben die Haushalte in Deutschland laut Statistik monatlich im Schnitt 152 Euro für Wohnenergie aus. Das waren 6,1 Prozent ihrer Konsumausgaben. 

Die Energiekosten stehen derzeit besonders im Fokus, denn die Verbraucherpreise für Haushaltsenergie steigen seit mehreren Monaten teils deutlich. Heizöl etwa verteuerte sich von November 2020 bis November 2021 um 102 Prozent, Erdgas um 9,6 Prozent, Strom um rund drei Prozent, wie das Statistikamt berechnete. Grund sind die gestiegenen Energiepreise auf dem Weltmarkt, der statistische Effekt, weil die Preise 2020 im Keller waren, sowie die 2021 eingeführte CO2-Abgabe.  

Die Regierung will der Formulierungshilfe zufolge rund 710.000 Haushalten einen Heizkostenzuschuss zahlen. Es sind die Haushalte, die von Oktober 2021 bis Ende März 2022 in mindestens einem Monat Wohngeld bezogen haben oder beziehen. 

Ein-Personen-Haushalte sollen 135 Euro bekommen, Zwei-Personen-Haushalte 175 Euro. Für jedes weitere Haushaltsmitglied soll es 35 Euro geben. Den Staat wird dies voraussichtlich rund 130 Millionen Euro kosten. 

Auszahlen sollen den Heizkostenzuschuss die Wohngeldbehörden der Länder. Das geplante Gesetz soll in der ersten Jahreshälfte in Kraft treten, also vor Eingang der Nebenkostenabrechnung, wie es in der Formulierungshilfe weiter heißt. 

Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, hatte schon am Montag kritisiert, dass der Zuschuss “deutlich zu niedrig” angesetzt sei. Die Summen würden für viele Haushalte nicht ausreichen, um den starken Anstieg der Heizkosten auszugleichen, sagte er dem “Handelsblatt”. Für Haushalte, die schon während der Heizperiode hohe Rechnungen erhalten werden, forderte er zusätzlich eine unbürokratische Soforthilfe. 

Der wohnungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak (CDU), nannte die soziale Abfederung der steigenden Energiepreise richtig. Die “galoppierenden” Preise träfen aber alle Haushalte – die Union wolle hier insbesondere Menschen mit mittleren Einkommen und ihren Familien “nicht allein lassen”. Auch sie müssten entlastet werden. Luczak forderte, die Ampel-Regierung müsse prüfen, inwieweit bei Steuern und Abgaben Entlastungen möglich seien. Sie machten einen hohen Anteil an den Energiekosten aus. 

Der Paritätische Gesamtverband wies am Dienstag darauf hin, dass Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherungsleistungen keinen Anspruch auf Wohngeld haben und damit “durchs Raster fallen”. Nicht nur die Heizkosten, auch die Preise für Strom und Lebensmittel stiegen aber “außergewöhnlich stark” an. 

Quelle: AFP

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